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Bericht zum Vortrag von Schwester Sieglinde

Sie begann als Volontärin „im French“, obwohl sie schon ausgebildete Krankenschwester war. Über 30 Jahre arbeitet Sieglinde Stricker nun im St Louis French Hospital, ursprünglich ein Krankenhaus, heute eher ein Hospiz nahe dem Neuen Tor am Rande der Jerusalemer Altstadt.

„Versöhnung durch Begegnung“ hatte sie ihren Vortrag beim Deutsch-Israelischen Freundeskreis überschrieben, der Leitspruch des Hospizes.

Die 1850 von St. Josefschwestern gegründete Einrichtung bestand ursprünglich aus drei Zimmern, viel zu klein für ein Krankenhaus, das während des Unab-hängigkeitskrieges 1948 mitten im Kriegsgebiet lag. Schließlich stand es genau neben der Demarkationslinie zwischen Israel und Jordanien, auf israelischer Seite. Heute besteht es aus einer Altenheim-Station, einer Station für chronisch Kranke, die vollumfänglich gepflegt werden müssen, und einer Onkologischen Station mit Therapie, Versorgung und auch Palliativversorgung.

„Wir sind ein multifunktionales Team“ betont Schwester Sieglinde, „vom Berufsbild her aber auch von der Religion. Juden, Araber und Christen arbeiten zusammen, auf engstem Raum, unter hoher Belastung und von Leid und Tod umgeben“. Und die Einrichtung betreue Menschen jeglichen Glaubens. „Unsere Einrichtung ist absolut koscher. Ein Rabbiner „überwacht“ unser Wirtschaften, sonst könnten wir keine Juden aufnehmen“.

Die wohl wichtigste Regel lautet: Wir reden nicht über Politik! Wenn man jahrelang mit Menschen eng zusammenarbeitet, dann wisse man irgendwann, wo er innerlich steht, aber sie diskutieren nicht.

Auch während des jüngsten Gaza-Konfliktes war dies so. Bei der Übergabe an die Nachtwache, an drei arabische Pflegekräfte, waren sie sich mit dem spanischstämmigen Juden Francesco einig: „Hier sind wir eins!“ fasste der arabische Pfleger Muhammad zusammen, was alle dachten und wussten.

Besondere Begegnungen seien „im French“ an der Tagesordnung, „egal was draußen passiert“. Schwester Sieglinde berichtete von zwei jüdischen Patientinnen, Ester und Judith, vom Corona-kranken Shimon, der immer deutsche Kinderlieder spielte, die „die Jeckes“ mitgebracht hatten, und die heute auch israelische Kinderlieder sind.

„Wir gehen den Weg gemeinsam“, beschrieb Schwester Sieglinde die Situation im Hospiz. Und: Israel würde (noch) durch schwere Zeiten gehen müssen, aber der Frieden würde kommen, nicht wegen der Politik sondern durch den Glauben.

Hanspeter Gaal

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