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Datum: 13.06.2023

Bericht zum Ausflug "Spurensuche"

Interessierte und Mitglieder des DIFK begeben sich auf Spurensuche im Landkreis Karslruhe
Vor Schloss Stutensee
In Weingarten mit Klaus Geggus
Start am Landratsamt

Am Dienstagmorgen machten sich knapp 20 Interessierte auf, um Spuren jüdischen Lebens im nördlichen Landkreis zu suchen. Erste Station war die ehem. kurpfälzische Exklave Weingarten. Klaus Geggus, hervorragender Kenner der Weingartener Historie vom Bürger- und Heimatverein führte durch „Alt-Weingarten“, rund um die beiden Kirchen in Ortsmitte, vorbei am (wieder bebauten) Platz der ehem. Synagoge und der ehem. jüdischen Schule.

Neben der Synagoge stand das Haus des jüdischen Lehrers. Bis 1815 unterhielt die israelitische Gemeinde eine eigene Schule. Drei Religionen bzw. Konfessionen auf engstem Raum, Juden, Katholiken und Protestanten, die in der Regel friedlich zusammenlebten. Dies zeugt von der Liberalität der kurpfälzischen Weingartner.

Ab 1833 stand den Weingartner Juden ein eigener Friedhof im Gewann „Effenstiel“ zur Verfügung. Manche Weingartner ließen ihre Toten aber weiterhin auf dem Friedhof am Eichelberg beisetzen.

In den Morgenstunden des 10. November 1938 erfuhr die Weingartner Synagoge das Schicksal der meisten jüdischen Gotteshäuser in Deutschland. Eine Gruppe von Nationalsozialisten ließ ihre Zerstörungswut an der Synagoge aus. Sie „residierten“ im „Braunen Haus“ am heutigen Marktplatz einschließlich der Gruppen der HJ und des BDM.


Zweites Ziel war der jüdische Friedhof am Eichelberg, der zum Teil auf Untergrombacher zum Teil auf Obergrombacher Gemarkung liegt. Die Untergrombacher Ortsvorsteherin Barbara Lauber erläuterte die Besonderheiten des Verbandsfriedhofs. Auf dem Eichelberg wurde bereits 1632 ein Friedhof angelegt. Die Begräbnisstätte diente auch den Nachbargemeinden als Friedhof. Während des „Dritten Reiches“ wurden die Grabsteine geschändet, umgeworfen, Teile abgemeiselt und für den Wegebau verwendet, in den Hohlwegen der Umgebung.

Viele der entfernten Grabsteine wurden nach dem Auffinden erneut auf dem Friedhof bestattet, andere an eigens errichteten Betonwänden angebracht, nach den Vorgaben des zuständigen Rabbiners. Der Rest einer Säule der zerstörten Bruchsaler Synagoge schmückt ein Mahnmal, das an das Schicksal der Bruchsaler Juden erinnert. Die bis jetzt letzte Bestattung auf dem Friedhof fand auf Wunsch des Verstorbenen vor wenigen Jahren statt.


Nach einer Mittagspause auf dem Michelsberg ging es weiter zum Schloss Stutensee. Im badisch-markgräflichen Ort Blankenloch – der Markgraf war Patronatsherr der Kirche – und in den beiden Henhöfer-Gemeinden Spöck und Staffort gab es keine Bürgerinnen und Bürger jüdischen Glaubens. 

Der bekannteste Stutenseer jüdischen Glaubens war der Karlsruher Landgerichtspräsident Dr. Heinrich Wetzlar. Zusammen mit seiner Frau Therese richtete er im Schloss Stutensee im Jahre 1919 ein Erziehungsheim für männliche Jugendliche ein. Er war Vorsitzender des Karlsruher „Bezirksvereins für Jugendschutz und Gefangenenfürsorge“, dem Träger des Erziehungsheims. Aus dieser Einrichtung ist die Jugendeinrichtung Schloss Stutensee hervorgegangen, die in früherer Zeit vom inzwischen aufgelösten Landeswohlfahrtsverband Baden und heute vom Landkreis Karlsruhe als gemeinnützige GmbH getragen wird. 

Rainer Schätzle, stellv. Geschäftsführer der Gesellschaft, stellte das Ehepaar Wetzlar vor. Mit Beginn des Nationalsozialismus wurde Dr. Wetzlar „aus dem Amt entfernt“. Er floh zu seinem Sohn in die Niederlande, wo er und seine Frau den Tod fanden.
Die Vorstellung der Jugendeinrichtung und ein Gang über das Gelände mit Grund- und Realschule, mit einer Sporthalle, einem Sportplatz, mit Wohngebäuden für Jugendliche, einem landwirtschaftlichen Betrieb und einer Schreinerei und schließlich einer geschlossenen Abteilung für Jugendliche in Untersuchungshaft rundeten den Besuch in Schloss Stutensee ab.


Gegen 17.00 Uhr endete die Spurensuche. Die Teilnehmerinnen und Teilnehmer hatten viel Neues erfahren und vielfältige Informationen über jüdisches Leben im nördlichen Landkreis erfahren.

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